Verletzlichkeit macht stark: Wie wir unsere Schutzmechanismen aufgeben und innerlich reich werden

von Brene Brown

Dieses Buch fühlt sich an wie heiße Schokolade an einem kalten Wintertag. Brene Brown steht zu ihrer eigenen Verletzlichkeit und es tut der Seele gut ihre zum Teil sehr persönlichen Geschichten zu lesen. Meiner Meinung nach ist dies eines jener Bücher die auf die Pflicht-Literaturlisten unserer Schulen und Unis gehören würde 🙂

Brene Brown forscht zum Thema Scham. Neben ihren Büchern gibt von ihr einige interessante youtube Videos.

Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Schuld und Scham: Bei der Scham geht es darum, wer wir sind. Bei der Schuld geht es um unsere Verhaltensweisen. Schuld ist genauso mächtig wie Scham, aber sie hat eine positive Wirkung, während Scham destruktiv ist.

Scham = ich bin schlecht
Schuld = ich habe etwas schlechtes getan

Ich halte die Beschäftigung mit dem Thema „Scham“ für essentiell wichtig bei:

  • Selbstwertmangel
  • bei übergroßen Perfektionismus
  • bei dem Gefühl nicht dazu zu gehören
  • wenn man denkt nicht gut genug zu sein
  • bei Angst, Gefühle zu zeigen
  • bei Empfinden überwältigendem Mangels wie z.B. bei unerfülltem Kinderwunsch
  • bei Suchtverhalten und emotionaler Betäubung
  • bei Angst eine schlechte Mutter zu sein

Hier ein paar Aussagen aus dem Buch, die mich besonders berührt haben:

Das Gegenteil von „nie genug“ ist nicht das „mehr als man sich vorstellen kann“. Das wirkliche Gegenteil des Mangels ist das „genug sein“

Bis wir nicht mit offenem Herzen empfangen können, geben wir auch nie wirklich mit offenem Herzen.

Nichts hat mein Leben mehr verwandelt als die Einsicht, dass es Zeitverschwendung ist, meinen Wert an der Reaktion der Leute auf der Zuschauertribüne zu messen. Menschen die mich lieben, sitzen nicht in den Zuschauerrängen, sie sind mit mir in der Arena. Sie kämpfen für mich und mit mir.

Scham bezieht ihre Macht daraus, dass sie nicht zur Sprache gebracht wird. Scham gedeiht in der Geheimhaltung, und der Grundsatz „Du bist so krank wie deine Geheimnisse“ aus der Suchttherapie hat eine seriöse wissenschaftliche Grundlage.

Wenn wir uns ein tieferes und bedeutsameres spirituelles Leben wünschen, führt der Weg unvermeidlich über das Terrain der Verletzlichkeit.

Verletzlichkeit ist der Kern aller Emotionen und Gefühle. Zu fühlen heißt, verletzlich zu sein. Zu glauben, Verletzlichkeit sei Schwäche heißt, Gefühle für etwas Defizitäres zu halten. Indem wir uns gegen unsere Emotionen aus der Angst heraus abschotten, dass wir einen zu hohen Preis für sie zahlen könnten, entfernen wir uns von dem, was dem Leben Sinn verleiht. (…) Wir wünschen uns mehr Freude im Leben, aber gleichzeitig können wir die damit einhergehende Verletzlichkeit nicht aushalten.

Perfektionismus motiviert unsere Kinder nicht, exzellente Ergebnisse anzustreben oder ihr Bestes zu geben. Perfektionismus führt vor allem dazu, dass sie das, was andere denken für wichtiger halten als das, was sie selbst denken oder empfinden.

Die vielerorts verbreitete Auffassung, wenn wir eigene Kinder hätten, wäre unsere Reise zu Ende und die ihre begänne, ist ein fataler Irrglaube. (…) Dass unsere Kinder an ihren Selbstwert glauben, setzt voraus, ihnen diese Reise und dieses innere Ringen authentisch vorzuleben. (…) Letztendlich können wir unsere Kinder nicht zu mehr Schamresilienz erziehen, als wir sie selbst aufzubringen imstande sind.

Für mich ist die Frage der guten Erziehungswerte eine des Engagments: Sind wir aufmerksam? Denken wir unsere Entscheidungen durch? Sind wir offen dafür, Irrtümer nicht aufzubauschen, aber aus ihnen zu lernen? Sind wir neugierig und bereit, immer wieder Fragen zu stellen?

Kinder aufzuziehen, die Hoffnung und Mut haben, verletzlich zu sein, heißt, beiseite treten und die Enttäuschungen erleben lassen, zulassen, dass sie mit Konflikten umgehen, lernen, sich selbst zu behaupten, und die Möglichkeit haben zu versagen. Wenn wir unseren Kindern immer in die Arena folgen, ihre Kritiker zum Schweigen bringen und dafür sorgen, dass sie siegen, werden sie nie lernen, dass sie die Fähigkeit haben, selbst etwas Großes zustande zu bringen. (…) Auch wenn ich den Wunsch habe, dir deinen Schmerz zu nehmen, werde ich stattdessen lieber bei dir sitzen und dich lehren, ihn zu durchleben.

Wer wir sind und die Art, wie wir uns verhalten, haben mehr Einfluss darauf, wie gut unsere Kinder dereinst zurechtkommen werden, als das, was wir theoretisch über Beziehung wissen.